Der Bundesgerichtshof wertet die Haushaltsführung auf

Fachartikel

Unterhaltsberechtigte Ehefrauen (aber auch Ehemänner), die während der Ehezeit nicht oder in einem geringeren Umfang als heute arbeiteten, sollten weiterlesen. Wer nach der Ehezeit eine Berufstätigkeit aufnimmt oder aufgenommen hat, braucht sich nunmehr nur noch einen Teil dieser Einkünfte auf den Unterhaltsanspruch anrechnen lassen.

Die gegenseitigen Unterhaltsansprüche sind im Falle von Trennung und Scheidung oft Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen. Das ist nicht weiter verwunderlich, zumal die Frage, wieviel Einkommen weiterhin zur Verfügung steht, für beide Seiten von existentieller Bedeutung ist.

Ehepartner – im allgemeinen die Ehefrauen –, die sich während der Ehezeit um den gemeinsamen Haushalt und die Kinder gekümmert hatten und deshalb nicht berufstätig waren, waren in dieser Hinsicht bislang benachteiligt: Bemühten sie sich nach Trennung und Scheidung darum, selbst etwas zu verdienen, standen sie oft nicht besser da als ohne derartige Anstrengungen.

Zwar stand ihnen oft ein Unterhaltsanspruch gegen den berufstätigen Ehemann zu. Dieser wurde jedoch nach dem tatsächlichen Einkommen während der Ehezeit bemessen – in der Alleinverdienerehe also nach dem Nettoeinkommen des berufstätigen Ehemanns. In der Regel bewilligten die Gerichte der nicht berufstätigen Frau 3/7 des Nettoeinkommens des Ehemannes als Unterhalt. Auf diesen  wurden aber die nach der Scheidung erzielten eigenen Einkünfte der Ehefrau nach der sogenannten "Anrechnungsmethode" nahezu vollständig angerechnet.

Beispiel: Der alleinverdienende Mann erzielte während der Ehe ein Einkommen von 3.500 DM netto. Die Frau kümmerte sich um den Haushalt. Nach der Scheidung bemaß sich ihr Unterhaltsbedarf auf 3/7 des Einkommens von 3.500 DM, also 1.500 DM.

Verdiente sie nach der Scheidung 1.400 DM hinzu, so verkürzte sich ihr Unterhaltsanspruch nach der alten Rechtslage um 1.200 DM auf nur noch 300 DM. Damit stand ihr insgesamt ein monatlicher Betrag von 1.700 DM (1.400 DM Einkommen plus 300 DM Unterhalt) zur Verfügung. Die Arbeit hatte ihr somit eine Mehreinnahme von gerade einmal 200 DM gebracht.

Erzielte die Ehefrau dieses Einkommen von 1.400 DM dagegen bereits während der Ehe, stand sie im Nachhinein besser da. Vom Unterschiedsbetrag zwischen beiden Einkommen erhielt sie einen Unterhalt von 3/7 zugesprochen (die sog. „Differenzmethode“). Damit belief sich ihr Unterhaltsanspruch auf 900 DM (nämlich 3/7 der Differenz zwischen 3.500 DM und 1.400 DM). Nach der Ehe konnte sie somit über 1.400 DM plus 900 DM, insgesamt 2.300 DM, verfügen.

Die Aufnahme der Berufstätigkeit noch während der Ehe bedingt somit ein monatliches Mehreinkommen von 600 DM.

Diese Benachteiligung des während der Ehezeit mit der Haushaltsführung befaßten Partners hat der Bundesgerichtshof nunmehr in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 13.06.2001, Az.: XII ZR 343/99) weitgehend beseitigt. Danach sollen die ehelichen Lebensverhältnisse, die über das Maß des Unterhalts entscheiden, nicht nur durch die Einkünfte des erwerbstätigen Ehegatten, sondern auch durch den wirtschaftlichen Wert der Leistungen des anderen Ehegatten im Haushalt mit bestimmt werden.

Die häusliche Mitarbeit wird einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt. Das nach der Scheidung erzielte Einkommen des vorher allein haushaltsführenden Ehegatten wird bei der Berechnung des Unterhalts so behandelt, als sei es schon während der Ehe erzielt worden.

Im Beispiel würde die Frau also auch dann, wenn Sie erst nach der Scheidung zu arbeiten beginnt, den höheren Unterhaltsanspruch nach der Differenzmethode erhalten. Es gelten damit nach neuerer Rechenweise in beiden Beispielsfällen die gleichen monatlichen Einkünfte von 2.300 DM.

Das nach der Ehe erzielte Einkommen gilt als Ersatz für die bisherige Hausarbeit. Im Ergebnis wird damit auch in diesem Fall nunmehr die oben beschriebene Differenzmethode angewandt.

Dies dürfte im Ergebnis beiden Ehegatten zugute kommen, denn der Anreiz sich um eine eigene Erwerbstätigkeit zu bemühen ist für den unterhaltsberechtigten Ehepartner deutlich gestiegen.

Autor
Susanne Hahn
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Angela Wehrt-Sierwald
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