Verjährungsgefahr bei überhöhter Vorfälligkeitsentschädigung

Fachartikel

Sondersituation III

Vorzeitige Ablösung ohne Vorfälligkeitsentschädigung

Kein Anspruch auf Entschädigung bei bankseitigem Angebot auf vorzeitige Darlehensrückzahlung: Der Darlehensgeber hat regelmäßig ein Interesse an der Aufhebung des Engagements, sobald er dieses für die Zukunft als rückzahlungsgefährdet einstuft. Häufig fordert das Geldinstitut das herausgelegte Darlehen dann zurück, ohne es vorher zu kündigen. Es wird nochmals eine Gnadenfrist zur eigenständigen Rückführung des Darlehens eingeräumt.
Löst ein Finanzierungskunde daraufhin seine Verbindlichkeiten über eine andere Bank ab und zahlt im Zuge dieser Ablösung auch eine Vorfälligkeitsentschädigung, unterzeichnet aber den dazu übermittelten Aufhebungsvertrag nicht, dann schuldet er auch keine Vorfälligkeitsentschädigung. Es fehlt dann an einem Rechtsgrund für das Entschädigungsverlangen der Bank.
Zwar mag der ursprüngliche Vertrag in seinen Allgemeinen Bedingungen einen Hinweis auf eine zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung im Falle einer bankseitigen Kündigung enthalten, doch diese liegt nicht vor. Der Darlehensnehmer darf das Verhalten der Bank dann als ein Angebot auf Aufhebung des Darlehensvertrages gegen Ablösung seiner Verbindlichkeiten verstehen. Wenn weder der Darlehensvertrag noch das Angebot der Bank selbst einen Hinweis auf eine Vorfälligkeitsentschädigung bei einvernehmlicher Vertragsaufhebung enthalten, bedeutet die Annahme dieses Angebot die Rückführung des Darlehens ohne Vorfälligkeitsentschädigung. Die Annahme des Angebots erfolgt typischerweise über die zur Ablösung beauftragte Bank, indem sie bei der ursprünglichen Darlehensgeberin eine Aufstellung der Gesamtverbindlichkeiten erbittet. Zwar kann sich der ehemalige Kreditgeber über den zu unterzeichnenden Aufhebungsvertrag nachträglich noch eine Vorfälligkeitsentschädigung versprechen lassen, läuft aber Gefahr, daß der Kunde diesen nicht unterzeichnet.

Lebensversicherungsdarlehen, Bausparfinanzierungen:
Die Zuteilung von Bausparkrediten oder die Auszahlung von Lebensversicherungen stellen stets besondere Gründe zur vorzeitigen Tilgung von laufenden Zwischenfinanzierungen oder Lebensversicherungsdarlehen dar. Es ist eine Frage der Auslegung von zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen, ob die Zuteilung des Bausparkredits oder der Eintritt des Versicherungsfalls bei der Lebensversicherung es erlaubt, eine bestehende Zwischenfinanzierung oder das endfällige Lebensversicherungsdarlehen ohne oder nur gegen Vorfälligkeitsentschädigung zurückzuzahlen. Vereinbaren die Vertragsparteien bei Vertragsschluß: „Die Tilgung erfolgt durch eine abgetretene Privatlebensversicherung“, so ist darin zumindest dann eine Regelung zur Vertragsbeendigung zu sehen, wenn die Parteien im weiteren keine Vereinbarung darüber trafen, in welcher Weise der Kreditgeber mit der von ihm vereinnahmtem Lebensversicherungssumme verfahren sollte, wenn sie denn nicht zur Tilgung des Darlehens verwandt werden sollte.

Fristlose Kündigung bei Bankenfusion:
Manche Darlehensnehmer verteilen ihre Kreditengagements bewußt auf mehrere Institute. Das Kreditinstitut erhält nur die für die Kreditgewährung notwendigen Informationen. Keinem der beteiligten Institute soll ein allzu tiefer Einblick in die wirtschaftliche Gesamtsituation des Darlehensnehmers gewährt werden. Eine Fusion der beteiligten Institute läuft seinen ursprünglichen Intentionen dann möglicherweise entgegen. Sofern der Darlehensnehmer gewichtige Gründe dafür ins Feld führen kann, daß das Zusammenführen der Teilinformationen seine berechtigten Interessen verletzt, steht ihm ein fristloses Sonderkündigungsrecht zu. Eine Vorfälligkeitsentschädigung wird dann nicht geschuldet. Allerdings ist dieses Kündigungsrecht kurzfristig (möglicherweise schon binnen 14 Tagen) wahrzunehmen.

Autor
Prof. Dr. Klaus Wehrt
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