Verbraucherfreundliches BGH-Urteil rettet geschädigte Immobilienfondsanleger vor dem wirtschaftlichen Ruin

Fachartikel

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu den sog. Steuersparimmobilien hatte in den vergangenen Jahren viel Unmut bei den betroffenen Anlegern hervorgerufen. Zunächst glaubten noch viele dieser Kleinanleger, die mit windigen Versprechen zum Erwerb von voll fremdfinanzierten Kleinwohnungen oder zur Beteiligung an entsprechenden Immobilienfonds überredet wurden, dass sie ihre wertlose Immobilie einfach an ihren Kreditgeber zurückgeben und dafür im Gegenzug aus ihrer Darlehensschuld befreit werden. Doch der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes machte Ihnen damals einen Strich durch die Rechnung, indem er nur in seltenen Fällen gestattete, neben dem Darlehen auch noch die wertlose Immobilie an den Kreditgeber zurückzugeben.

Und auch bei entsprechenden Fondsbeteiligungen wurde den Anlegern, die z.B. im Wege des Haustürgeschäfts eine voll fremdfinanzierte Beteiligung erwarben, nur ein Sonderkündigungsrecht nach den Regeln der fehlerhaften Gesellschaft eingeräumt. Danach konnte sich der Anleger zwar aus dem Immobilienfonds verabschieden, hatte aber keinen Anspruch auf die Rückzahlung seiner Beteiligung, sondern lediglich einen Anspruch auf das sog. Auseinandersetzungsguthaben, das durch den Werteverfall der Immobilien nur noch Bruchteile der eingezahlten Summe ausmachte. Das Darlehen, das zur Finanzierung der Beteiligung diente, sollte dagegen in voller Höhe zurückgeführt werden.

Die Richter des II. Zivilsenats beim Bundesgerichtshof stellen mit ihren Urteilen vom 14.06.2004 (II ZR 392/01, II ZR 395/01, II ZR 374/02, II ZR 385/02, II ZR 393/02, II ZR 407/02) jetzt allgemeine Rechtsgrundsätze für die Abwicklung kreditfinanzierter Fondsbeteiligungen auf:

1. Der Fondsbeitritt und der für diesen geschlossene Kreditvertrag gelten in vielen Konstellationen als verbundenes Geschäft.

Die Bank muss sich deshalb alle Einwendungen entgegenhalten lassen, die der Anleger gegen die Fondsverantwortlichen hat. Da der Anleger bei entsprechender Aufklärung dem Fonds nicht beigetreten wäre, haftet der Fondsbetreiber - und damit ebenso die finanzierende Bank - auf die geleistete Einlage. Damit hat der Kreditgeber keinen Anspruch auf Rückzahlung des gewährten Darlehens. Umgekehrt darf dagegen der Anleger alle Beträge, die er aus seinem Privatvermögen auf die Fondsbeteiligung investierte, ebenso vom Kreditgeber ersetzt verlangen.

2. Bei Fondsbeteiligungsgeschäften, die als Haustürgeschäfte widerrufen werden, bezieht sich der Widerruf ebenso auf das gesamte Geschäft: Fondsbeteiligung sowie Darlehensvertrag.

Ein Haustürgeschäft setzt unter anderem voraus, dass Vertragsabschluss oder Vertragsanbahnung nicht in den Geschäftsräumen des Fondsvertreibers, sondern in anderer Umgebung erfolgte, häufig in der Privatwohnung oder am Arbeitsplatz. Zumeist fehlte die dabei zu erteilende Widerrufsbelehrung, in anderen Fällen war sie fehlerhaft. Damit hat der noch dem Fonds zugehörende Anleger ein zeitlich nicht befristetes Recht auf Erklärung des Widerrufs in Bezug auf Darlehen und Beteiligung. Die Rechtsfolgen sind mit denen unter Punkt 1 gleichartig.

3. Die häufig für den Erwerb der Fondsanteile und die Unterzeichnung des Darlehensvertrags zwischengeschalteten Treuhänder, die keine Rechtsanwälte waren, handelten regelmäßig unter Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz. Die ihnen erteilte Vollmacht ist nichtig.

Eine Heilung der Vollmacht unter Rechtsscheinsgesichtspunkten wie vom XI. Zivilsenat vertreten, scheidet aus. Der Darlehensvertrag ist somit, weil er von einem vollmachtslosen Vertreter abgeschlossen wurde, unwirksam. Der Anleger schuldet wiederum nicht die Rückzahlung seines Kredites, sondern lediglich die Abtretung seiner Fondsbeteiligung an die Bank.

4. Enthalten die Darlehensurkunden nicht die Mindestangaben für Verbraucherkredite, so sind diese unwirksam. Eine Heilung des Vertrages durch Auszahlung des Darlehens kommt nicht in Betracht, wenn das Kapital nicht an den Darlehensnehmer, sondern an die Fondsgesellschaft ausgezahlt wurde.

Die oben zitierten Urteile liegen in ihren Begründungen noch nicht vor. Augenscheinlich vertritt der II. Zivilsenat eine vom XI. Zivilsenat stark abweichende Rechtsauffassung. Insbesondere in den Rechtsfolgen gelangt der II. Zivilsenat fast durchgängig zum Ergebnis, dass der Anleger nicht verpflichtet ist, seinen Kredit zurückzuzahlen, sondern lediglich seine Beteiligung an die Bank abzutreten hat und sich damit im Gegenzug von seinen Darlehensverpflichtungen befreit. Der XI. Zivilsenat ließ dagegen die Rückzahlungsverpflichtung in Bezug auf das Darlehenskapital zumeist weitgehend bestehen.

Für die Bankenwelt stellt dieses Urteil eine schwere Schlappe dar, dürfen die Institute sich doch künftig um die Verwertung unrentablen Immobilieneigentums bemühen, dessen Wert nicht annähernd das Volumen des seinerzeit ausgeliehenen Kreditkapitals deckt.

Geschädigte Kleinanleger sollten bedenken, dass je nach der Lage ihres persönlichen Falls die Gefahr der Verjährung der Ansprüche zum 31.12.2004 besteht.

Autor
Susanne Hahn
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Prof. Dr. Klaus Wehrt
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