Hoffnung für Eigentümer von Steuersparimmobilien

Fachartikel

Handelsblatt

Buxtehude. Der Streit währt nun schon mehrere Jahre (vgl. Handelsblatt v. 16./17.5.1997, S. 35). Vielen Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen ohne Eigenkapital wurden von windigen Immobilienverkäufern zum Erwerb von überteuerten Eigentumswohnungen überredet.

Regelmäßig wurden dabei Kaufpreis und Nebenkosten zu 100% mit Kredit finanziert. Weil die Summe aus monatlicher Miete und Steuerersparnis - in den ersten Jahren des Erwerbs konnte eine hohe Abschreibung geltend gemacht werden - die Verzinsung des tilgungsfreien und disagioverbilligten Darlehens zunächst noch einzuspielen vermochte, hielt sich das Haushaltsbudget der neuen Eigentümer vorerst in Balance.

Häufig erst bei Darlehensverlängerung mußten die Erwerber dann aber feststellen, daß der Immobilienwert faktisch nur halb so hoch war wie der seinerzeit finanzierte Kaufpreis. Die Darlehensschuld war wegen des finanzierten Disagios sogar noch über den Kaufpreis angestiegen. Ein unüberbrückbarer Vermögensverlust war auf diese Weise entstanden.

Viele Anwälte wurden eingeschaltet, den Immobilienerwerb rückgängig zu machen. Doch Immobilienverkäufer und Darlehensvermittler hatten zumeist schon das Weite gesucht. Und die Bank, die das Vorhaben trotz ihres Wissens um den überteuerten Kaufpreis geschäftstüchtig finanziert hatte, wies jede Verantwortung von sich.

Einen Formfehler bei der Kreditgewährung müssen die Banken indes häufig gegen sich gelten lassen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Az.: 1 U 101/99) vertritt in seinem Urteil vom 29.03.2000 den Standpunkt, daß die auf Darlehensrückzahlung klagende Sparkasse gegenüber dem Darlehensnehmer nicht die Formvorschriften des § 4 Abs. 1 Verbraucherkreditgesetz beachtet habe.

Diese Vorschrift sieht nämlich vor, daß die vom Verbraucher zu unterzeichnende Erklärung diverse Angaben zum Kredit enthalten muß (Darlehensbetrag, effektiver Jahreszinssatz, sonstige Kosten etc.). Zwar enthält der Darlehensvertrag diese Angaben, der Kreditvertrag für die Steuersparimmobilie wird jedoch regelmäßig von einem Treuhänder unterzeichnet, nicht jedoch vom Käufer, der Darlehensnehmer ist.

Der Treuhänder stammt aus dem Lager des Verkäufers, wird aber vom Käufer mittels notarieller Urkunde mit dem Abschluß des Kauf- und des Darlehensvertrags beauftragt. Diese Vertriebskonstruktion soll verhindern, daß der Käufer möglicherweise vom Notar bei Abschluß des Kaufvertrages oder vom Kreditgeber durch den formgebundenen Darlehensantrag über die Belastungen und Risiken des Geschäfts belehrt wird.

Die Kreditinstitute hatten es in der Vergangenheit stets billigend in Kauf genommen, daß auf diese Weise die belehrenden und warnenden Informationen über die Belastungen, die aus der Kreditaufnahme resultieren, nicht an den Verbraucher, dem eigentlichen Adressaten der Formvorschrift des § 4 Abs. 1 gelangten.

Eindeutig zielt die Vertriebskonstruktion darauf ab, die Formvorschriften des Verbraucherkreditgesetzes zu umgehen. Das aber ist nach § 18 VerbrKrG unzulässig mit der Folge, daß das Gesetz auch auf den Umgehungsversuch - hier: die notarielle Urkunde, mit welcher der Treuhänder beauftragt wird - anzuwenden ist.

Somit vertritt das OLG Karlsruhe den Standpunkt, daß entweder bereits der unwiderruflich erteilte Treuhandauftrag die vorgeschriebenen Angaben zum aufzunehmenden Darlehen (Darlehensbetrag, Zinssatz etc.) enthalten muß, oder daß - soweit diese Voraussetzung nicht gegeben ist - der Verbraucher die Konditionen des Darlehens nach seiner formgerechten Aufklärung zu genehmigen hat.

Weil im vorliegenden wie auch im Regelfall, die entsprechenden Voraussetzungen formgerechter Aufklärung nicht gegeben sind, bestimmt sich - so jedenfalls das OLG Karlsruhe - die Rechtsfolge nach § 6 VerbrKrG. Danach ist der Darlehensvertrag zwar zunächst nichtig, diese Nichtigkeit wird jedoch durch die Auszahlung des Darlehens geheilt. Indes die Heilung ist nicht vollständig. Wegen des nicht angegebenen effektiven Jahreszinssatzes reduziert sich der vereinbarte Kreditzinssatz auf den gesetzlichen Zinssatz von 4%.

Somit kann sich der Darlehensnehmer des unvorteilhaften Immobiliengeschäfts zwar nicht entledigen, beteiligt aber seinen Kreditgeber an den Verlusten des Geschäfts. Zudem wird den Kreditinstituten der Anreiz genommen, derartige Geschäfte auch künftig zu finanzieren.

Die klagende Sparkasse, die das Darlehen wegen Verzugs kündigte, konnte dem Gericht gegenüber nicht nachweisen, daß sich der Schuldner tatsächlich in Verzug befand, denn immerhin war dieser nur mit ein paar Leistungsraten in Rückstand geraten, hatte aber in der Vergangenheit Zinszahlungen auf den überhöhten Vertragszinssatz entrichtet, obwohl er nur 4% Zinsen schuldete. Die Rückzahlungsklage wurde deshalb abgewiesen.

Das Urteil ist revisionsfähig. Somit kann darauf gehofft werden, daß nach einer Vielzahl von teils widersprüchlichen Urteilen, endlich auch einmal der BGH dazu aufgerufen wird, Rechtssicherheit zum Thema Steuersparimmobilie herzustellen.

 

Autor
Susanne Hahn
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Prof. Dr. Klaus Wehrt
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